Direkt zum Hauptbereich

Verbreitung von #Corona #FakeNews auf Facebook

Die Reichweite von Gruppen, in denen Fakenews zum Coronavirus geteilt werden, übersteigt die Reichweite US-amerikanischer Regierungsinstitutionen zu dem Thema um Längen.

Datensammlung

Es ist schwierig, sich einen Überblick über die Verbreitung von Nachrichten auf Facebook zu verschaffen, schon weil es ganz unterschiedliche Kanäle gibt. Ein wenig beachteter Kanal sind Facebook-Gruppen, die weniger transparent sind als Seiten. Die folgende Analyse basiert auf Daten aus der CrowdTangle API (offizielle Schnittstelle von Facebook). Wir haben einige spezifische Fakenews identifiziert. Dabei geht es darum, das Virus sei von Bill Gate oder dem chinesischen Militär entwickelt und in China würden massenhaft Leichen verbrannt. Die Links stelle ich nicht ins Netz, um die Verbreitung nicht noch zu erhöhen.
Über CrowdTangle können wir Daten abfragen, wie häufig die entsprechenden URLs (zum Beispiel InfoWars-Stories) auf Facebook geteilt wurden und von welchen Seiten oder Gruppen. So konnten wir eine Liste mit Gruppen erstellen, in denen Fakenews verbreitet wurden. Diese Liste vergleichen wir mit einer Liste amerikanischer Regierungsinstitutionen. In beiden Listen haben wir nach Beiträgen in den letzten 30 Tagen gesucht, die entweder das Wort "Corona" oder das Wort "Coronavirus" enthalten.

Datenauswertung

Beide Listen sind aufgrund der Datenerhebung mehr als unvollständig. Es lassen sich daher keine Aussagen treffen, wie viel Fakenews insgesamt verbreitet wurden. Wir können aber vergleichen, welche Reichweite die Corona-Posts in den Gruppen hatten im Unterschied zu den offiziellen Statements.

Die erste Abbildung zeigt die Total-Views der Posts in Millionen. In der Facebook-Gruppe THE FINAL BATTLE haben 422 Millionen Nutzer Posts über Corona gesehen.
Um die Visualisierung benutzerfreundlicher zu machen, haben wir die Zahlen logrithmiert. Hier die Ergebnisse:
Es sind dieselben Werte, die jetzt auf der x-Achse einfach exponential zunehmen. Das Weiße Haus hat z. B. 0,35 Millionen Views mit seinen Corona-Posts bekommen.

Das Bild wiederholt sich in etwa bei den Shares. Hier sind mehr Seiten und Gruppen angegeben, weil in den CrowdTangle Daten erstaunlicher Weise für diverse Posts keine Views anzeigen. (Ich denke, das liegt an den Privacy-Vorkehrungen von Facebook...).
 Und nocheinmal logarithmiert:

Ergebnis

Facebook-Gruppen, die Verschwörungstheorien zu Corona verbreiten, können eine wesentlich höhere Reichweite erzielen als offizielle Regierungsseiten.
Das kann auch damit zusammenhängen, dass Facebook die Zugehörigkeit zu einer Gruppe als deutliches Signal nimmt, dass die Inhalte für die entsprechenden Nutzer relevant sind. Wir sehen an den Daten auch - wie zu erwarten - einen deutlichen Zusammenhang zwischen Shares und Views. Allerdings ist dieser nicht linear und auch kein festes Verhältnis. Es gibt also eine Reihe anderer Indikatoren, die ein starkes Gewicht auf den News-Feed-Algorithmus von Facebook haben.
Es wäre an der Zeit, dass Facebook eine Überprüfung seiner Algorithmen ermöglicht! Definitiv lässt sich festhalten, dass Facebook nach wie vor eine Plattform ist, auf der Fakenews und Verschwörungstheorien stark verbreitet werden.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kritik an dem Science-Artikel der Priesemann-Gruppe „Inferring change points in the spread of COVID-19 reveals the effectiveness of interventions“

Der Science-Artikel von Dehning et al. (2020) gilt als Beleg für die Effektivität der Corona-Maßnahmen in Deutschland im März 2020. Wir glauben, dass der Artikel gravierende Fehler enthält und daher nichts darüber aussagt, ob insbesondere das Kontaktverbot vom 23.03.2020, irgendeinen Effekt hatte. Unsere Kritik haben wir bei Science eingereicht und sie ist hier zu finden: https://science.sciencemag.org/content/369/6500/eabb9789/tab-e-letters Im folgenden übersetze ich unseren Beitrag und gehe anschließend auf die Frage ein, wie Wissenschaft unter COVID-19-Bedingungen funktioniert und was daran bedenklich ist. Eine Kritik an ‘Inferring change points in the spread of COVID-19 reveals the effectiveness of interventions’ Wir haben den Artikel ‘Inferring change points in the spread of COVID-19 reveals the effectiveness of interventions’ analysiert und dabei gravierende Unstimmigkeiten im Design der Studie festgestellt: Anstatt das Datum der Wendepunkte (wann sich die COVID-19-Entwicklung i

Der Nutzerismus: Eine Ideologie mit totalitärem Potential

Ich glaube, dass wir derzeit den Aufstieg einer Ideologie erleben, die ich Nutzerismus nennen möchte. Hannah Arendt hat darauf hingewiesen, dass jede Ideologie zu einem totalitaristischen Regime führen kann und es gibt ernste Anzeichen, dass dies auch für den Nutzerismus gilt.  Was ist der Nutzerismus? Wie bei jeder Ideologie ist der Kerngedanke sehr einfach: Im Prinzip gibt es für alle gesellschaftlichen Probleme eine technische Lösung. Leider wenden die Menschen die richtigen Technologien nicht an. Sie nehmen ihre Rolle als Nutzer nicht wahr. Es geht dem Nutzerismus also um das Zusammenspiel von Mensch und Technik, allerdings immer wieder aus der gleichen Perspektive. Die Technik kommt vor als potentielle Lösung eines gesellschaftlichen Problems. Eventuell fehlt die perfekte Lösung noch, aber das ist dann als Auftrag an die Wissenschaft und die Ingenieure zu verstehen. Dieser Technikglaube hat etwas sehr Naives. Er abstrahiert zum Beispiel von allen Interessen, für die Technologien

Was man an der COVID-Politik über Faschismus lernen kann

Kritiker der Corona-Politik führen immer häufiger den Begriff Faschismus im Munde, um die politischen Maßnahmen zu beschreiben. Einerseits ist damit natürlich eine polemische Ablehnung verbunden: Wer will schon für Faschismus sein? Generell ist der moralische Vorwurf, etwas sei faschistisch oder faschistoid in der demokratischen Auseinandersetzung durchaus geläufig. Dabei wird jedoch meist auf etwas verwiesen, was zum demokratischen Staat dazu gehört und gerade keinen Faschismus begründet: Die Polizei, die das Gewaltmonopol durchsetzt, ist keine faschistische Organisation, ein Parlament, welches Bürgerrechte einschränkt, ist kein Beleg für die faschistische Aufhebung des Rechtsstaats und ein Medienartikel, der dazu aufruft, Bürger sollen Straftäter anzeigen, ist keine faschistische Propaganda, usw. All dies sind Beispiele für das Leben in demokratischen Gemeinwesen. Anstatt die Demokratie also immer gleich auf dem Weg in den Faschismus zu wähnen, wäre es angebracht, sich zu fragen, war