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Neues Projekt zu Effekten von Desinformationskampagnen - Mit massig Facebookdaten

Update

Das Wissenschaftsjournal Nature hat über unser Projekt berichtet.

Social Media und Desinformation

In einem neuen Projekt werden wir der Frage nach gehen, ob Desinformationskampagnen einen messbaren Effekt auf die Wahlergebnisse bei der Bundestagswahl hatten. Dafür analysieren wir Daten, die uns von Facebook im Rahmen einer weltweiten Ausschreibung bereitgestellt wurden.

Facebook und der SSRC: Ein neues Modell der Kooperation

Facebook wird (zu Recht) häufig kritisiert, dass kaum Daten der Wissenschaft zugänglich gemacht werden. Andererseits sind aber auch die Wissenschaftler*innen nicht immer Vorbilder im Umgang mit Social Media Daten: Siehe Cambridge Analytica.
Außerdem werden wir Wissenschaftler*innen schnell völlig trunken, wenn wir uns unbegrenzte Datenberge vorstellen. Was man damit alles erforschen könnte! Drunk on data. Denn meistens ist das Bedürfnis nach Daten gar nicht von einem konkreten Forschungsinteresse geleitet und widerspricht dem Grundsatz der Datensparsamkeit, der auch für die Wissenschaft gilt.
Der Social Science Research Council hat mit der Initiative Social Science One einen sehr interessanten Weg gewählt.
Wissenschaftler*innen definieren wichtige Forschungsfragen (in diesem Fall der Einfluss von Social Media auf Demokratische Wahlen). Dann sagen sie, welche Daten dafür gebraucht werden und diskutieren mit Facebook, was man davon einem beschränkten Kreis zugänglich machen könnte. Dann gibt es eine Ausschreibung und jedes Team kann sich bewerben. Eine Bedingung der Anträge ist übrigens, dass die zuständige Ethikkommission der jeweiligen Universität sich mit dem geplanten Projekt befasst hat und es für unbedenklich erklärt.
Der SSRC such ohne jeden Einfluss von Facebook Projekte raus, nach wissenschaftlichen Kriterien im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens.
Facebook gewährt diesen Teams Zugriff, ohne ein Recht zu haben, auf die Forschung Einfluss zu nehmen.

So kann Kooperation laufen.
Hier ist ein Paper von Gary King, in dem er das Konzept erläutert.

Wir sind das einzige Team an einer deutschen Uni.

Unser Projekt

Abstract

During the German general election in 2017, there were coordinated attempts to disturb online public opinion. Disinformation campaigns used different social media platforms like Facebook and Twitter. They managed to infiltrate the online reporting of major German news outlets. Due to the distributed character of disinformation campaigns, these attempts were hardly noticed by the public, and their real dimension has not yet been revealed. We will use data from Facebook about shared URLs in combination with our unique dataset of the political online discourse in Germany, including 700 million tweets and 1.8 million URLs of media content shared by Twitter users, time series of media reports on the German political parties, and political polls to answer two questions: What was the real dimension of a disinformation campaign that was linked (by Twitter) to the Russian Internet Research Agency (IRA)? Is there a measurable effect of the disinformation campaign, either on news reports on the parties or directly on polls? To answer these questions, data access to the Facebook URL Shares dataset is requested to measure the distribution of content from disinformation campaigns across platforms. The starting point of the project is a list of Twitter accounts that Twitter has publicly linked to the IRA.

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